Belastungsprobe.

Nach dem Ende des Bier­festivals 2020 und ihrer Zweckent­fremdung als Formel-E-Rennstrecke 2016 müssen Frankfurter und Karl-Marx-Allee nun am Pfingst­sonntag, den 8. Juni 2025 als weitere Belastungsprobe den Karneval der Kulturen überstehen:

Aufgrund von Bauarbeiten wird die alljährliche Parade der »gleichgesinnt Ver­schiedenen« diesmal nicht in Kreuzberg, sondern mitten im Denkmalensemble der vormaligen Stalinallee stattfinden und vom Ring­center aus – vorbei am Kino Kosmos mit Tribüne für Jury und Ehren­gäste – bis zum Kino International ziehen.

Nach dem Fest ...
Kultureller Abfall … »Symbolbild«

Nachdem die Feier der »plurale[n] Gesellschaft« längst »zur Großparty mit Sauf­gelagen und Müllproblem mutiert« ist, erschien seine Zukunft 2024 zunächst unge­wiss – doch jetzt findet das »Konsumvolksfest« eine Fortsetzung im Osten, denn mit dem Defilee der »Monomultikultur« wollen die »über 5000 Akteur:innen aus fast allen Erdteilen« die Vielfalt und Internationalität Berlins »beweisen«.

Wegen der damit einhergehenden Verkehrseinschränkungen und Straßensperrungen sollte man allerdings »den Bereich um […] die Frankfuerter (sic!) Allee nach Mög­lich­keit weit­läufig umfahren«, rät Das offizielle Hauptstadtportal.

Denkmalkarte
Denkmalbereich inkl. Grünflächen; Quelle: Denkmalkarte der Denkmaldatenbank des Landesdenkmalamts.

Nachtrag

Der Kulturausschuss der BVV Friedrichshain-Kreuzberg trat am Donnerstag, den 20. Februar 2025 im Café Sibylle zusammen, das unmittelbar an der Wegstrecke des Umzugs des sog. Karnevals der Kulturen am 8. Juni 2025 – i. e. Pfingstsonntag – liegt. Schon am Datum wird ersichtlich, dass das Spektakel nichts mit Karneval im eigentlichen Sinne zu tun hat, der im Kirchenjahr die Fastenzeit ankündigt, welche wiederum bis Ostern dauert.

In der Sitzung erläuterten die Vertreterinnen des »Karnevalbüros« wortreich und eloquent, dass ihnen die besondere Problematik im geschützten Denk­mal­bereich bewusst sei und sie deshalb Vorkehrungen treffen würden, ihn zu schonen, nament­lich die Laternen entlang der Allee – mehr als 200 – würden einzeln »eingepackt« und die Grünflächen entsprechend gesichert.

Die Behauptung aber, »alle« Vereine resp. Initiativen vor Ort seien zuvor kontaktiert und sogar zur Mitwirkung ein­ge­laden worden, trifft weder auf unseren gemeinnützigen Verein noch auf den Nachbarschaftsrat KMA II zu, nicht einmal der Mieter­beirat der Karl-Marx-Alleedie Interessenvertretung der überwiegenden Mehr­heit aller Anwohner – wurde informiert. So hält man mögliche Einwände und Bedenken erstmal fern.

Auch seitens der Unteren Denkmalschutzbehörde, die bereitwillig eine der erforderlichen Genehmigungen zur Durchführung des Umzugs erteilte, er­warte man keine »irreparablen« Schäden – reparable demnach also durch­aus. Doch wer für diese dann einsteht und die Reparationen – wenn überhaupt – bezahlt, ist offen.

mm

About Achim Bahr

Der Künstler, Hochschullehrer, Historiker, Kurator und Autor Achim Bahr ist Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Vereins STALINBAUTEN e.V.